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Die Wiener elektrische Stadtbahn
Der Betrieb auf den Strecken der dampfbetriebenen Wiener Stadtbahn wurde wegen Kohlenmangel ab 8. Dezember 1918 eingestellt
Da von den damaligen Österreichischen Bundesbahnen (BBÖ) aus finanziellen Gründen keine Änderungen zu erwarten waren, beschloss der Wiener Gemeinderat der Kommission für Verkehrsanlagen als Eigentümerin der Stadtbahn, ein Angebot zur Übernahme und Elektrifizierung der Wiental-, Donaukanal- und Gürtelstrecke sowie des Verbindungsbogens zu machen. Zu diesem Zweck wurde die Direktion der Wiener Straßenbahn beauftragt, ein entsprechendes Projekt auszuarbeiten.
Der ab Herbst 1923 einsetzende Verkehrsaufschwung machte eine Modifizierung des Projekts notwendig, da die Fahrzeugreserven der Wiener Straßenbahn nun wieder im Straßenbahnbetrieb benötigt wurden und es somit erforderlich war, für die zu elektrifizierende Stadtbahn neue Fahrzeuge zu beschaffen. Aus dem Beschluß, für die Stadtbahn doch neue Wagen zu bauen resultiert noch eine weitere Änderung. Um die Fahrgeschwindigkeit auf die mit den projektierten Triebwagen der Type N in bestimmten Streckenabschnitten erreichbare Geschwindigkeit von 40 km/h anzuheben, mußten doch Signale und ein automatischer Streckenblock vorgesehen werden, da bei Fahren auf Sicht damals nämlich nur 30 km/h zulässig gewesen wären. Im März 1924 wurde jedenfalls ein Vertrag unterzeichnet, der den maximal 30jährigen Kleinbahnbetrieb durch die Gemeinde Wien – Städtische Straßenbahnen vorsah. Darin enthalten war auch eine Klausel, die eine vorzeitige Auflösung des Vertrages durch die BBÖ nach zehnjähriger Laufzeit aufwies, falls die BBÖ diese Strecken als Vollbahn hätten elektrifizieren wollen. Da aber Dir. Spängler weiterhin auf einer Verwendbarkeit der Stadtbahnwagen auf der Straßenbahn bestand und allenfalls überzählige Stadtbahnwagen als Reservewagen für die Straßenbahn ansah und auch auf der Straße verwenden wollte, wurden deutlich mehr Wagen bestellt, als für den Stadtbahnbetrieb nötig gewesen wären. Nur aus diesem Grund entstanden für die Stadtbahn eben zweiachsige Straßenbahnwagen damals modernster Bauart, die mit Schützensteuerung und Druckluftbremse ausgerüstet wurden, um auf der Stadtbahn Vielfachsteuerung und längere Zugseinheiten, bestehend aus bis zu drei Trieb- und sechs Beiwagen, mit durchgehender Bremse zu ermöglichen.
Die ersten elektrischen Stadtbahnzüge verkehrten ab 4. Juni 1925 noch ohne Liniensignal zwischen Hütteldorf und Alser Straße. Auch die Verlängerung bis Heiligenstadt nahm am 22. Juli den Betrieb ebenfalls ohne Liniensignal auf. Erst als ab 7. September 1925 die untere Wientallinie bis Haupzollamt in Betrieb genommen wurde, ergab sich die Notwendigkeit einer Liniensignalisierung. Diese erfolgte derart, dass die Anfangsbuchstaben der befahrenen Strecken entweder einzeln oder kombiniert als Liniensignale verwendet wurden.
Am 20. Oktober 1925 wurden mit der Inbetriebnahme der Donaukanallinie zwischen Hauptzollamt und Heiligenstadt die bislang unterschiedlichen Tarife von Stadt- und Straßenbahn auf dem Niveau von 24 Groschen angeglichen. Im Zeitraum von 1929 bis etwa 1934/35 erhielten die Stadtbahnfahrzeuge nach und nach eine vollkommen rote Lackierung, da die durch Bremsstaub verursachte Verschmutzung besonders die bisher in weiß gehaltenen Fensterpartien optisch beeinträchtigte. Dies sollte bis in das Jahr 1983 ein Markenzeichen der elektrischen Stadtbahn sein.
1954, da bis auf die Linie 18G das gesamte Netz der elektrischen Stadtbahn wieder befahren wurde, beschaffte man mit den Reihen N1 und n2 die ersten neuen Fahrzeuge, welche aus innerbetrieblichen und finanziellen Gründen wiederum als Zweiachser ausgeführt waren. Deren im Vergleich zu den Vorgängern der Typen N, n und n1 bedeutendste Innovation waren die automatischen pneumatischen Türen, welche das Ende der durch Auf- oder Abspringen während der Fahrt verursachten Unfälle bedingten.
1964 scheiterten Pläne zu einer Übergabe der Stadtbahn an die ÖBB samt Umstellung auf Schnellbahnbetrieb. Vier Jahre später beschloss der Wiener Gemeinderat die Errichtung einer U-Bahn für die Stadt, die auch die bisherige Linie WD miteinbeziehen sollte. 1969 begann man mit der Adaptierung der Strecke Heiligenstadt-Friedensbrücke als Probestrecke für das neue Verkehrsmittel. In das nunmehrige Auslaufmodell Stadtbahn wurde in den folgenden Jahren nur mehr wenig investiert, Leistungskürzungen und zahlreiche Unfälle führten zu einem zunehmend negativen Bild der Stadtbahn in der Öffentlichkeit. Als schwärzester Tag der Stadtbahn gilt der 14. September 1977, an dem zwischen Meidling Hauptstraße und Margaretengürtel durch einen Auffahrunfall infolge mangelhafter Sicherheitseinrichtungen 44 (teils schwer-)verletzte Fahrgäste zu beklagen waren.
Die Stadtbahn hörte mit dem Umbau der Wiental- und Donaukanalstrecke zwischen 1976 und 1981 zur Linie U4 sowie schließlich der 1989 erfolgten Umbenennung der Gürtelstrecke in Linie U6 zu bestehen auf. Als Vorgriff zur Inbetriebnahme der U6 samt Einstellung der parallelführenden Straßenbahnlinie 8 wurden zuvor noch 1980 und 1987 die Haltestellen Thaliastraße und Michelbeuern – Allgemeines Krankenhaus eröffnet.
Die trotz ihres Notlösungscharakters von den Fahrgästen die meiste Zeit über sehr gut angenommene elektrische Stadtbahn erbrachte im Laufe der Jahre sehr beachtliche Beförderungsleistungen. Ihr System - Oberleitung, örtliche Signale und niedrige Bahnsteige - lebt heute in der Linie U6 weiter.
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